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Die Corona-App einfach erklärt

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Der Corona-Virus hat die halbe Welt in den Ausnahmezustand versetzt. Milliarden von Menschen leben in Ausgangssperren, Lockdowns und Kontaktverboten. Wann der Normalzustand zurückkehrt ist unklar. Deutschland steht im internationalen Vergleich verhältnismäßig gut dar, da es frühzeitig Kontaktpersonen von Infizierten testen und somit den Außbruch des Corona-Virus eindämmen konnte. Mit steigenden Infiziertenzahlen kommen die Gesundheitsämter jedoch an ihre Grenzen. Jetzt könnte eine App helfen, schnell Kontaktpersonen zu ermitteln.

Wie funktioniert die App?

Es gibt Vorschläge, die Standortdaten von Smartphones permanent zu verwenden und so Kontakte, die sich „kreuzen“ schnell zu identifizieren. Das ist allerdings unpräzise und schwer mit dem Datenschutz zu vereinbaren. Netzpolitik.org und der Chaos Computer Club haben jedoch eine kluge Alternative vorgeschlagen. Jedes mal, wenn ich im Nahbereich einer anderen Person bin, speichert die App das in einer ID ab, die nur diesem Gerät zugeordnet ist. Am Ende des Tages habe ich also eine Liste mit ID-Nummern auf meinem Smartphone, denen ich an diesem Tag begegnet bin. Egal ob persönlich oder in der Bahn.

In einem Krankheitsfall kann ich der App sagen, dass ich in den vergangenen Tagen Infektiös war. Um „trolling“ zu verhindern, muss die Meldung von einer Stelle bestätigt werden. Das könnte das Gesundheitsamt oder der Hausarzt sein. Die App meldet dann dem Server, welche ID-Nummern ich getroffen habe. Der Server kann genau diese ID-Nummern kontaktieren. Bin ich einer Infizierten Person über den Weg gelaufen, bekomme ich eine Push-Nachricht (ähnlich einer Whatsapp-Nachricht) auf mein Smartphone. Ich muss dann für zwei Wochen zuhause bleiben, um meine Mitmenschen nicht zu gefährden.

Die Modellierung zeigt die Unterschiede zwischen manueller und automatischer Verfolgung von Kontakten. Der grüne Bereich zeigt eine abnehmende Epidemie, der rote eine Zunehmende. Wir sehen: Nur eine App kann die Epidemie stoppen. Quelle: https://science.sciencemag.org/content/early/2020/03/30/science.abb6936

Wie funktioniert die Technik?

Das vernetzen der Geräte funktioniert über Bluetooth Low Energy. Das ist eine energiesparende Variante von Bluetooth und wird zum Beispiel zum Verbinden smarter Uhren wie der Applewatch verwendet. Bluetooth Low Energy (oder kurz BLE) läuft permanent im Hintergrund und scannt in kurzen Abständen nach verfügbaren Geräten. Die Corona-App kann so eingestellt werden, dass sie andere Nutzende der App erkennt und sie untereinander Daten austauschen können. So kann ein Gerät dem anderen die ID-Nummer senden. Einen zentralen Server braucht es (für diese Interaktion) nicht.

Das Problem ist, dass mittlerweile eine Vielzahl von Mobilgeräten im Einsatz sind, die unterschiedlich kalibriert sind. Zum Identifizieren der Kontaktpersonen muss man aber wissen, wie groß die Entfernungen untereinander genau sind. Die Programmierenden müssen die Technik also für viele Smartphones individuell einrichten. Das kostet Zeit und Geld, ist aber möglich. Aktuell testet die Bundeswehr die Präzision dieser Messungen.

 

Wie funktioniert der Datenschutz?

In der vorgeschlagenen Version bleiben die persönlichen Daten vollständig auf dem Gerät des Users. Weder die Kontaktierten noch der Server-Inhabende (in Deutschland wahrscheinlich der Staat) kennt die Identität hinter der ID-Nummer. Kritiker bemängeln, dass die ID-Nummer nicht Anonym, sondern nur pseudonymisiert sei. Das ist tatsächlich korrekt. Die App kann dennoch Datensparsam gestaltet werden.

Allerdings argumentieren die Kritiker weiter, dass man dadurch die potentiell infizierte Kontaktperson identifizieren kann. Auch das ist korrekt. Allerdings macht es keinen Unterschied, ob ich per Anruf oder per App von einer infizierten Kontaktperson erfahre. Mit etwas Recherche kann man immer herausfinden, wer infiziert ist. Das Argument ist daher mindestens merkwürdig. 

 

Während andere Länder den Weg der Massenüberwachung gehen, kann Deutschland die App Datensparsam gestalten.

Es bleibt dennoch nicht abzustreiten, dass immer ein Risiko bleibt. Daher sollte alles in der App so transparent wie möglich gemacht werden. Idealerweise ist die gesamte App Open Source. Ich persönlich bin aber gegen lange Beteiligungsverfahren mit Bürger*innen. Das würde die Entwicklung um Monate verlängern. Besser sind offene Beta-Tests, in denen jede*r die App testen kann. Wichtig ist, dass wir die App so schnell wie möglich bekommen. Insbesondere, wenn es um Grundrechtseingriffe gibt, ist eine App im Vergleich zu geschlossenen Grenzen und Kontaktverboten die bessere Lösung.

Wie ist der Entwicklungsstand?

Das spannenste Projekt ist das sogenannte „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“, kurz Pepp-PT. Pepp-PT ist eine gemeinnützige Organisation aus der Schweiz, die unter anderem vom Robert Koch-Institut unterstützt wird. Pepp-PT stellt allerdings keine App, sondern nur den Quellcode und das Backend bereit. Auf dieser Basis können dann Apps erstellt werden. Das könnte beispielsweise für Entwicklungsländer von Vorteil sein, die sich keine teuren Entwicklerteams leisten können. Pepp-PT wird noch einige Zeit brauchen, macht bisher aber einen sehr guten Eindruck. Die Technik wird seit April unter anderem von der Bundeswehr getestet. 

Update 08.04.2020: Die App könnte bereits zwischen dem 15. und 19. April fertig sein, sagt der Entwickler.

Und wenn das nicht alle machen?

In Deutschland ist es schwierig, Menschen zur Nutzung der App zu verpflichten. Logischerweise hat eine Corona-App erst dann einen hohen Nutzen, wenn sie möglichst viele installiert haben. Die Entwickler*innen von Pepp-PT empfehlen eine Nutzungsquote von mindestens 30, idealerweise 60%.

Selbst, wenn diese Nutzungsquote nicht erreicht wird, kann eine spezialisierte Anwendung der App Sinn ergeben. Wenn man zum Beispiel alle Schüler*innen mit dieser App ausstattet, kann man deren Kontakte zielgenau nachverfolgen. So müsste bei einem Corona-Fall nicht die gesamte Schule, sondern nur ausgewählte Schüler*innen in Quarantäne. Der Schulbetrieb könnte weiter gehen.

Ich könnte mir auch vorstellen, die Technik in digitale Geräte wie Uhren zu übertragen, die auch Kinder und Senioren nutzen können. Helikopter-Eltern haben heute bereits zahlreiche Tracking-Möglichkeiten für Kinder entwickelt, die technisch deutlich aufwendiger sind. So könnte man auch Kontakte in KiTas und Seniorenheimen nachverfolgen.

Sobald Symptome auftreten, kann die App alle potentiellen Kontaktpersonen isolieren. So kann die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden. Quelle: https://science.sciencemag.org/content/early/2020/03/30/science.abb6936

Wie überzeugen wir die Menschen davon?

Aktuell sind die Deutschen gespalten, was die Nutzung einer Corona App angeht. Knapp die Hälfte der Deutschen sagt laut ARD-Deutschlandtrend, so eine App würden sie nicht nutzen. Hauptsorge sind Datenschutz und Persönlichkeitsrechte. Allerdings hat die ARD explizit nach einer App mit der Erfassung von Standortdaten gefragt. Wenn selbst da eine knappe Mehrheit (47%) sagt, dass sie das nutzen würden, stimmt das optimistisch.

Eine weitere gute Idee hatte der Grünen-Digitalpolitiker Malte Spitz. Wie er auf Twitter schreibt, kann die Bundesregierung über die Mobilfunkanbieter SMS an alle Bundesbürger*innen senden. Diese könnten einen direkten Link zur Installation der App enthalten. Eine direkte Aufforderung könnte den „Aufwand“ des Einzelnen nochmal reduzieren.

Reicht eine App aus?

Nein, definitiv nicht. Eine Corona-App ist ein Baustein in der Pandemie-Bekämpfung und keine alleinige Lösung. Es ist allerdings eine Lösung, die minimale wirtschaftliche und soziale Kosten aufweist. Die Lockdowns und Kontaktsperren hingegen sind für viele Menschen eine große Belastung. Wir sollten daher alles tun, um die App zum Erfolg zu führen. Und selbst wenn die App scheitert, ist wenig verloren.

Ergänzen kann man die App durch das Tragen von Schutzmasken, physischer Distanzierung und Kontaktreduzierung. 

Die wichtigsten Quellen:

Abeler, Johannes; Bäcker Matthias; Buermeyer, Ulf: Corona-Tracking & Datenschutz: kein notwendiger Widerspruch. Netzpolitik.org. Online verfügbar.

ARD (Hg.): ARD-Deutschlandtrend. Infratest Dimap. Online verfügbar.

Brink, Stefan; Henning, Clarissa: Warum freiwilliges Handy-Tracking nicht funktioniert. Online verfügbar.

Luca Feretti ua. : Quantifying SARS-CoV-2 transmission suggests epidemic control with digital contact tracing.  DOI: 10.1126/science.abb6936.

NDR Info (Hg.): Coronavirus-Update: Virologe Christian Drosten informiert. Online verfügbar.

Rosenbach, Marcel; Schmundt, Hilmar: Diese Technik soll Europas Infektions-Alarm werden. Online verfügbar.

Spitz, Malte; Notz, Konstantin von: Die Corona-App muss schnellstmöglich kommen. Online verfügbar.

Chaos Computer Club: 10 Prüfsteine für die Beurteilung von „Contact Tracing“-Apps. Online Verfügbar.

Wölfel, Roman; Corman, Victor M.; Guggemos, Wolfgang; Seilmaier, Michael; Zange, Sabine; Müller, Marcel A. et al. (2020): Virological assessment of hospitalized patients with COVID-2019. In: Nature. DOI: 10.1038/s41586-020-2196-x.